Schönes kaltes Wasser

Verschneite Gedanken auf der Fensterbank

In der Kälte des Winters liegt ein leblos ästhetischer Aspekt, der mich zeitweilig demütig beruhigt, so dass ich mich vergessen kann und fast menschenlos auf den Weg mache, um dem Gedanken zu folgen.

"Schönes kaltes Wasser"

Der Schnee überdeckt alles Weltliche mit einer unschuldig weißen, gerade im Fallen hergestellten Eiskristallschicht aus kaltem Wasser, das in ewiglich unendlichen Kreisläufen immer und immer wieder alle Aggregatzustände durchläuft und im Getriebe der Existenz wie das Schmiermittel des Lebens scheint.

Alles Schöne und Hässliche und alles dazwischen wird gleich gemacht, gleich bedeckt und in vermeintlich unschuldiges Weiß gehüllt.

Nichts kann sich dem entziehen.

Nur die Wärme, das höhere Energieniveau, kann die Unschuld schmelzen lassen, so dass sie zerfließt und uns als Durchlauferhitzer unseres Universums voller Lebensenergie und menschlicher Wärme auszeichnet. Als Antreiber des Chaotischen und Unterstützer der Entropie. Als lebendiger Beweis des Unbeweisbaren:

"Wir sind und wissen darum".

Nicht mehr und nicht weniger. Und nicht mehr und nicht weniger als wir sein wollen und nicht mehr und nicht weniger als wir sein können. Als Opfer unseres freien Willens und der Existenz steht es uns zuweilen prächtig von der Unschuld überdeckt zu sein, uns in ihr weißes Gewand zu hüllen und uns ihrer Schönheit habhaft zu machen.

Die Gegensätze sehen direkt nebeneinander so schön aus. So kalt und weiß, so nichtssagend und verzweifelnd in ihrer einfachen Existenz, die keinen Anspruch darauf erheben, wahrgenommen zu werden.

"Wenn ich ein Kriterium wäre, würde ich mich abgrenzen"

…geht mir durch den Kopf.

Und wenn ich eine Grenze wäre, beschriebe mich ein Kriterium der Abgrenzung, aber ich fiele nicht auf, unter der weißen Unschuld, die mich mit allem hi und je verbünde. Unter weißer Kälte wäre ich unsichtbar für die Kalten.

Wenn ich ein Gegensatz wäre, benötigte man eine messbare Differenz, um mich zu katalogisieren, um meiner habhaft zu werden unter dem Möglichen.

So viel ist ungewiss. Nein, von dem Ungewissen ist so viel mehr!

Schön wie es sich unter einer weißen Schicht bedecken lässt. So viel unschuldige Kälte, so viel Schönes darunter. Und wenn man nicht sieht, so viel Mögliches verborgen.

Die Ästhetik des Gleichseins, die Wahrhaftigkeit des Schönen. Alles ungreifbar unter den Worten der Erkenntnis versteckt. Unter der Anerkennung des Seienden, unter der Wahrnehmung des Egos.

Keine Ahnung was das alles sagen will. Ich will es nur bemerken!

Ich will es nur sehen und die Kälte fühlen, wenn ich aus dem Fenster heraus das Schneetreiben betrachte und mir wünschte, ich wäre ein eis’erner Kristall, der das Schöne und Schmutzige gleich machen will.

Ich wäre ein flüchtiger Gedanke, der gedacht wird, aber nie als Gesetz grundlegend existiert. Ich wäre Schnee, der nur in einem Gedanken unschuldig sein kann, ein unfestes Aggregat des lebendigen Schmiermittels.

Schönes kaltes Wasser.